FINGER-Studie: Eine Seniorin mit einer roten Schleife um den Zeigefinger

Fit im Alter: FINGER-Studie gibt Hoffnung bei Demenz

Die Lebenserwartung hat in westlichen Gesellschaften in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen. Allerdings können viele Menschen ihren Lebensabend nicht genießen. Denn mit zunehmenden Alter erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, an einer Form von Demenz zu erkranken, zum Beispiel an Alzheimer. Bisher gab es kaum wissenschaftliche belegte Methoden, diesen Erkrankungen vorzubeugen. Einen vielversprechenden Weg zur Vorbeugung von demenziellen Krankheiten zeigt nun die FINGER-Studie (Finnish Geriatric Intervention Study to Prevent Cognitive Impairment and Disability).

Im Folgenden stellen wir die Ergebnisse der Studie vor. Außerdem haben wir die besten Tipps zur Erhaltung der geistigen Fitness zusammengestellt, mit denen Sie fit im Alter bleiben.

FINGER-Studie zur Vorbeugung von Demenzerkrankungen

Eine Demenz ist eine komplexe Erkrankung mit vielfältigen Ursachen. In der medizinischen Forschung gelten einige der Risikofaktoren für eine Demenzerkrankung inzwischen als belegt, unter anderem:

  • Erhöhter Blutdruck
  • Hohes Körpergewicht
  • Erhöhter Blutzuckerspiegel
  • Ungesunde Ernährung
  • Inaktiver Lebensstil

Als schützende Faktoren gegen Demenz gelten:

  • Körperliche Betätigung
  • Soziale und kognitive Aktivitäten
  • Bildung

Bisherige Studien untersuchten jeweils nur einen schützenden Faktor, lieferten jedoch keinen wissenschaftlichen Beweis dafür, dass eine Vorbeugung demenzieller Krankheiten durch einzelne Faktoren möglich ist. Die FINGER-Studie untersuchte daher den Einfluss durch ein Behandlungsprogramm, das mehrere Faktoren miteinbezog. Diese waren gesunde Ernährung, Bewegung, geistiges Training und die regelmäßige Überprüfung körperlicher Risikofaktoren.

Durch diesen multimodalen Ansatz gelang es den Forschern erstmals, die geistige Leistungsfähigkeit und die mentale Fitness einer Risikogruppe spürbar zu verbessern und damit nachzuweisen, dass es möglich ist das Risiko für eine Demenz zu reduzieren. 

Die Teilnehmer der FINGER-Studie

Die FINGER-Studie ist eine der bisher größten Untersuchungen zur Prävention von Demenzerkrankungen. Insgesamt nahmen 1.260 finnische Frauen und Männer zwischen 60 und 77 Jahren daran teil. Die Voraussetzung für eine Teilnahme an der Studie war ein erhöhtes Demenzrisiko. Außerdem durften ihre Leistungen in einem Kognitionstest (Test verschiedener Gehirnfunktionen, wie Orientierungsvermögen, Erinnerungsvermögen, Aufmerksamkeit und Sprache) höchstens durchschnittlich sein.

Die Auswahl der Teilnehmer sollte die tatsächliche Verteilung der Risikogruppe in der älteren Bevölkerung widerspiegeln. Der Frauenanteil bei den Studienteilnehmern lag bei 45 Prozent.

Interventionsgruppe und Kontrollgruppe

Für die Studie wurden die Probanden randomisiert in zwei Gruppen aufgeteilt: Die erste Gruppe, die Interventionsgruppe, wurde nach einem vierteiligen Behandlungsmodell behandelt. Die Kontrollgruppe hingegen erhielt keine Behandlung und wurde lediglich zum Auftakt zu gesunder Lebensweise und zu möglichen Risikofaktoren für eine Demenzerkrankung beraten.

Beide Gruppen wurden regelmäßig befragt und untersucht, die Interventionsgruppe insgesamt neunmal, die Kontrollgruppe nur dreimal. Zu Beginn und nach Ablauf der Studienzeit von zwei Jahren wurde die geistige Leistungsfähigkeit der Probanden getestet. Dazu wurden neuropsychologische Test durchgeführt, bei denen verschiedene Gehirn- und Gedächtnisfunktionen gemessen wurden.

Behandlungsmodell während der FINGER-Studie

Die Maßnahmen des vierteiligen Behandlungsprogramms richteten sich auf die wichtigsten bekannten Risikofaktoren zur Vorbeugung von Demenzerkrankungen. Die Probanden der Interventionsgruppe erhielten eine umfassende Ernährungsberatung mit persönlichen Tipps zur gesunden Ernährung. Für alle wurde ein passendes, altersgerechtes Fitnessprogramm für die Woche zusammengestellt, das aus einem leichten Kraft- und Ausdauertraining bestand.

Unter Anleitung eines Psychologen wurde regelmäßig ein Gedächtnistraining durchgeführt, das mit täglichen Übungen ergänzt wurde. Außerdem wurden körperliche Risikofaktoren überwacht. Das Behandlungsmodell während der FINGER-Studie umfasste im Detail:

1. Ernährungsberatung

Die Teilnehmer erhielten zu Studienbeginn eine umfassende Ernährungsberatung. Die Schulung erfolgte in drei Einzelsitzungen und wurde in sieben bis neun Gruppensitzungen vertieft. Die Empfehlungen der Ernährungsberatung zur Vorbeugung von Demenzerkrankungen sind mit denen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung vergleichbar: Die Ernährung sollte reich an Gemüse, Obst und Vollkornprodukten sein.

Fettarme Milch- und Fleischprodukte waren zu bevorzugen. Mindestens zweimal pro Woche sollte Fisch verzehrt werden. Statt Butter wurde Pflanzenmargarine, Olivenöl oder Rapsöl empfohlen. Zucker und Salz wurden reduziert.

Auch der Anteil der Makronährstoffe an der Kalorienzufuhr wurde vorgegeben:

  • 10 bis 20 Prozent der Kalorien aus Proteinen
  • 25 bis 35 Prozent der Kalorien aus Fett
  • 45 bis 55 Prozent der Kalorien aus Kohlenhydraten

Der persönliche Ernährungsplan wurde entsprechend der individuellen Risikofaktoren (siehe Punkt 4 Überwachung der Demenz-Risikofaktoren) regelmäßig angepasst.

2. Fitnessprogramm

Zur Verbesserung der körperlichen Vitalität wurde für die Teilnehmer ein individuelles Muskeltraining erarbeitet, das sie ein- bis dreimal pro Woche absolvieren sollten. Hinzu kam an zwei bis fünf Tagen ein Ausdauertraining, wie Aerobic, Nordic Walking, Aqua Jogging, Jogging oder Gymnastik.

Außerdem waren Übungen zur richtigen Körperhaltung Bestandteil des Programmes.

3. Gehirnjogging als kognitives Training

Das kognitive Training wurde unter Anleitung eines Psychologen durchgeführt. Dazu trafen sich die Probanden der Interventionsgruppe im Verlauf der Studie zu zehn Gruppensitzungen. Ergänzend dazu trainierten sie dreimal pro Woche für zehn bis 15 Minuten mit einem für die FINGER-Studie entwickelten Computerprogramm ihre geistige Leistungsfähigkeit.

4. Überwachung der Demenz-Risikofaktoren

Die Teilnehmer beider Gruppen wurden in unterschiedlichen Abständen auf Risikofaktoren für Demenzerkrankungen untersucht. So wurde unter anderem der Blutdruck, der Blutzucker, das Körpergewicht sowie der Body-Mass-Index (das Körpergewicht eines Menschen im Verhältnis zu seiner Körpergröße) beobachtet.
Die Kontrolluntersuchungen gaben den Studienärzten Hinweise auf das persönliche Demenz-Risiko. Mit den Teilnehmern wurden die Messergebnisse und Laborbefunde besprochen. Probanden mit auffälligen Werten wurde nahegelegt, ihren Hausarzt zu konsultieren.

Bemerkenswertes Ergebnis der FINGER-Studie

Überraschenderweise verbesserte sich die geistige Leistungsfähigkeit der Teilnehmer in beiden Gruppen. Die Studienautoren vermuten, dass bereits die einleitende Ernährungsberatung sowie die regelmäßigen Untersuchungen und Gespräche über die individuellen Risikofaktoren eine Veränderung der Lebensweise in der Kontrollgruppe bewirkte.

Das bedeutsamere Ergebnis der FINGER-Studie ist aber, dass die Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit in der Interventionsgruppe um 25 Prozent mehr zunahm, als in der Kontrollgruppe. Die Teilnehmer konnten innerhalb der zwei Jahre ihre Reaktionsgeschwindigkeit deutlich erhöhen. Sie konnten ihre Aufmerksamkeit steigern und in den neuropsychologischen Tests bessere Ergebnisse erzielen, als vor der Behandlung und Begleitung im Rahmen der Studie.

Die Studie konnte damit den Nachweis erbringen, dass eine gesunde Lebensweise sich bei älteren Menschen in einer Absenkung des Demenzrisikos auswirkt. Die Forscher gehen davon aus, dass ein längerer Behandlungszeitraum zu noch deutlicheren Ergebnissen führen könnte.

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Welchen Nutzen können ältere Menschen aus den Ergebnissen ziehen?

Die Gesundheitsmaßnahmen und Empfehlungen der FINGER-Studie sind nicht grundlegend neu, aber die Wirksamkeit gegen Demenz konnte nun wissenschaftlich nachgewiesen werden. Der Aufwand für gesunde Ernährung, geistige Fitness und regelmäßige Bewegung ist relativ gering und lässt sich leicht in den Alltag integrieren. Wichtig sind:

1. Ausgewogene Ernährung und die Vermeidung von Über- und Untergewicht

  • viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukte

  • fettarme Milch- und Fleischprodukte

  • ausreichend Trinken

  • zwei Mal wöchentlich Fisch (Omega-3-Fettsäuren)

  • Pflanzenmargarine, Olivenöl oder Rapsöl statt Butter

  • wenig Zucker und Salz

Außerdem ist folgende Nährstoffzusammensetzung empfehlenswert: 10 bis 20 % aus Proteinen, 25 bis 35 % aus Fett, 45 bis 55 % aus Kohlenhydraten. Weitere Tipps zur Ernährungsumstellung finden Sie auf der Seite der DGE.

2. Regelmäßige Übungen zum Muskelerhalt und Ausdauersport

  • 1 bis 3 Mal pro Woche Muskeltraining
  • 2 bis 5 Mal pro Woche Ausdauertraining (Gymnastik, Nordic Walking, Spaziergänge, Schwimmen)

3. Forderung des Gehirns mit neuen Aufgaben und sozialen Aktivitäten

  • täglich Kreuzworträtsel, Sudoku, Schachspielen, Bücher, Hörbücher usw.
  • soziale Kontakte (Freunde, Familie, Verein)
  • Unternehmungen, Ausflüge und Reisen
  • kreative Betätigungen wie Malen, Handarbeit, Schreiben etc.

4. Regelmäßiger Gesundheitscheck und Prüfung von Risikofaktoren

  • Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
  • Fettstoffwechselstörungen (erhöhtes Cholesterin)
  • Gewicht
  • Bluthochdruck

Fazit: Mit einfachen Maßnahmen kann Demenz vorgebeugt werden

Schon mit einfachen Maßnahmen kann zur Erhaltung der geistigen Vitalität im Alter beigetragen werden. Der ganzheitliche Ansatz der FINGER-Studie umfasst die vier Bereiche Ernährung, Bewegung, Gedächtnistraining und Überwachung der körperlichen Risikofaktoren. Durch diesen Ansatz konnte das erste Mal nachgewiesen werden, dass eine Absenkung des Demenzrisikos möglich ist. Die Kombination von körperlicher und geistiger Aktivität sowie ausgewogener Ernährung erhält die geistige Gesundheit und kann diese sogar steigern.

Hintergrund: Auswirkungen und Prävalenz demenzieller Erkrankungen

Bei einer Demenzerkrankung lässt zunächst das Kurzzeitgedächtnis nach. Im weiteren Verlauf folgen häufig Gedächtnis- und Orientierungsstörungen, Sprachstörungen, Störungen des Denk- und Urteilsvermögens sowie Veränderungen der Persönlichkeit. Mit fortschreitendem Krankheitsverlauf sind Patienten zunehmend auf Unterstützung angewiesen.

In Deutschland leiden derzeit etwa 1,5 Millionen Menschen an einer Demenz, rund eine Million von ihnen an der Alzheimer-Erkrankung. Zwei Drittel der Betroffenen sind über 80 Jahre alt. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der Demenzkranken mit steigender Lebenserwartung weiter ansteigen wird.
Eine Heilung von Demenzerkrankungen ist derzeit nicht in Sicht. Medikamente, sogenannte Antidementiva, können die Beschwerden lediglich etwas hinauszögern.

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